Die Küsten La Réunions
Wir haben Dir in unseren Beiträgen bereits ein paar unserer Lieblingsorte in den Bergen und den Vulkanismus auf La Reunion gezeigt. Nun so eine Insel besitzt natürlich auch Küsten. Und diese sind wirklich wunderschön und äußerst abwechslungsreich auf La Réunion. Da es allerdings so viele Küstenabschnitte gibt, welche erwähnenswert wären, werde ich (Thomas) Dir eine kleine Auswahl zeigen, die uns besonders beeindruckt hat.
Wie so oft hier auf der Insel stehen auch die Küsten unter dem Einfluss des noch andauernden Wechselspiels zwischen Schaffensprozess und Erosionen. Allen voran der Vulkanismus, von dem wir in einem unsere Beiträge berichtet hatten (Vulkane auf Reunion - Unterwegs auf dem Hotspot), hat hier maßgeblichen Einfluss. So kann es z.B. vorkommen, dass die Insel, wie 2007 durch eine massive Eruption des Vulkans, um mehrere Quadratkilometer anwächst. Auf der anderen Seite arbeiten die Gezeiten und die wilde, raue See ständig an den Küsten, wodurch mitunter sehr beeindruckende, schroffe und wilde Klippen entstehen. Wie Du vielleicht schon durch die ersten Zeilen erkennen kannst, ist La Reunion nicht bekannt für Kilometerlange, weiße Sandstrände. Diese findet man eher auf der Schwesterinsel Mauritius. Weshalb diese vielleicht auch beliebter bei Strandurlaubern ist. Aber trotzdem gibt es Abschnitte mit wunderschönen Stränden, noch dazu in den unterschiedlichsten Farben. Es gibt hier also fast alle Arten von Küstentypen, die man so finden kann. Längere Sandstrände, schroffe Klippen und kleinere Buchten zwischen Vulkangestein. Stellvertretend dafür will ich Dir 3 Küstenabschnitte näher bringen:
Plage de l‘Etang Sale
Küstenabschnitt: Notre Dame des Laves nach Anse des Cascades
Plage Verte / Ancien Port
Plage de l‘Etang Sale
Hierbei handelt es sich um einen langgezogenen Sandstrand. Das Besondere an diesem ist der schwarze Sand. Wobei, wenn man genau hinsieht, ist es eine Mischung aus Schwarz und einem dunklen Grün. Dieser Strand liegt im Westen der Insel und von unserem Appartement aus sind wir in ca. 30 Minuten dort. Aus zwei Gründen empfiehlt es sich erst am späten Nachmittag dort hinzugehen. Einerseits kann sicher der sehr dunkle Sand extrem aufheizen. Und da es direkt am Strand nicht wirklich Schatten gibt, kann man sich dadurch auch schon mal die Füße verbrennen. Der zweite Grund ist das Licht. Bei Sonnenuntergang ergeben sich hier zusammen mit dem dunklen, schwarzen Strand tolle Farbspiele. Spätestens, wenn Du abends mal dort sein solltest und die untergehende Sonne den Sand in schönstem Gold oder Orange färbt, wirst Du verstehen, was ich meine. Der Strand zieht sich über ca. 2 km hin, was für die Insel schon recht lang ist, und unterteilt sich in zwei Bereiche. An einem „darf“ man baden, wodurch sich dort wirklich viele Menschen tummeln. Am zweiten, recht langgezogenen Bereich trifft man eher auf weniger Menschen, da dort jeglicher Wassersport verboten ist. Lediglich ein paar Sonnenhungrige, Spaziergänger, Bodyboarder oder Surfer, welche sich hier verbotenerweise in die Wellen schmeißen, findet man hier. Wir waren nun ein paar mal dort, wobei der Strand jedes Mal ein bisschen anders erscheint. Am schönsten war sicher unser erster Besuch, an dem wir einen wunderschönen Sonnenuntergang bei entspannter Atmosphäre genießen konnten. Natürlich konnte ich die Gelegenheit ausgiebig nutzen, um dort ein paar schöne Aufnahmen zu machen. Ein Dank geht hier an meine geduldigen Begleiter.
Notre Dame des Laves nach Anse des Cascades
Eine weitere Tour führte uns an diesen Küstenabschnitt im Osten der Insel bei dem Örtchen Sainte-Rose. Berühmt ist dieser Ort vor allem aufgrund des Vulkanausbruchs 1977. Dessen Lavastrom hat Teile der Ortschaft zerstört und verschüttet. Am bekanntesten ist hierbei die Geschichte der Kirche Notre Dame des Laves. Die Kirche, welche bis zu diesem Zeitpunkt den Namen Saint-Rose trug, stand mitten in der Flussrichtung des damaligen Lavastroms und man hatte daher auch hier schon mit dem Schlimmsten gerechnet. Je nachdem wo man sich informiert, wird dann davon berichtet, dass sich der Lavastrom auf wundersame Weise geteilt hat und die Kirche verschonte. Ganz so wundersam war es dann doch nicht. Ist man erstmal vor Ort und sieht Teile des erstarrten Lavastroms sowie Bilder von damals, erkennt man schnell was wirklich passiert ist. Tatsächlich ist die Kirche vom Lavastrom erfasst worden und es wurden auch Teile davon zerstört. Das wundersame ist eher, dass die Kirche nicht komplett zerstört wurde und daher heute noch steht. Und das ist angesichts dieser Urgewalt schon sehr erstaunlich. Alles in allem ein sehr beeindruckendes Ereignis und ein besonderer Ort und man kann sich kaum ausmalen was damals in den Leuten vor sich ging.
Von der Kirche aus folgt man dem Lavastrom ein paar hundert Meter zum Meer hinunter. Beim Marsch durch die Lavaströme am Meer wird einem das Ausmaß erst richtig bewusst. An der Küste angekommen, erwartet einen dann ein wahres Schauspiel. Die Wellen schmettern mit großer Wucht an die, damals ins Meer geflossene, erkaltete Lava. Dazu kommt noch das Farbenspiel. Einerseits die Lava in Schwarz, braun oder rot-orange und andrerseits das Meer in dunkelblau bis türkis. Geht man die Küste weiter, erreicht man bald stark bewachsene, steile Klippen. Zu den Farben Blau und Braun-Rot gesellt sich hier also noch saftiges Grün. Der weitere Weg entlang der Küste führt über die dicht bewachsenen Klippen. Dafür ist eine kleine Kletterpartie nötig um dort hinauf zu kommen. Erst mal oben angekommen ergeben sich quasi alle paar Meter atemberaubende Aussichten auf das unten tosende Meer und die schroffe steil aufragende Küste. Die Wälder selbst sind auch richtig faszinierend. Und so ganz anders als die Wälder in den Bergen. Was ja auch nicht verwunderlich ist. Die Vegetation reicht von den verschiedensten Palmenarten über unterschiedliche Bäume bis hin zu äußerst dichtem Gebüsch. Überall zwitschern die Vögel von den Ästen, huschen Echsen über Felsen oder ins Gebüsch und wenn man Glück hat entdeckt man auch das ein oder andere Chamäleon. Das war für mich und Christina tatsächlich ein kleines Highlight des Tages. Wir empfehlen allerdings nicht an allen Stellen zu lange zu verweilen, da man sonst Gefahr läuft von den Moskitos aufgefressen zu werden.
Ein mögliches Ziel der Wanderung, nach mal mehr und mal weniger anspruchsvollen 5,5 km, ist „Anse des Cascades“. Das sind tolle Wasserfälle direkt an der Küste. Wobei hier immer auch das Wetter beachtet werden sollte. Hat es lange nicht geregnet, führen viele Wasserfälle auf der Insel nur wenig oder gar kein Wasser. Auch wenn einen die Füße nicht so weit tragen und man vielleicht schon früher umdrehen will, ist der Weg definitiv einen Besuch wert. Und die „Anse des Cascades“ sind auch ohne den schweißtreibenden Fußmarsch mit dem Auto einfacher zu erreichen.
Abschließend noch zwei Tipps. Diesen Ausflug kann man super mit einem Besuch von „Le Grand Brûlé“ verbinden. Hierbei handelt es sich um einen Hang des Vulkans La Fournaise, an dem immer wieder größerer Lavaströme Richtung Meer fließen. Deshalb auch der Name. Mitten hindurch an der Küste entlang führt die Straße N2. Eingegrenzt wird dieser Bereich von den Ortschaften Bois Blanc und Le Tremblet, und ist ca. 10 Minuten von der Kirche entfernt. Entweder man parkt das Auto auf einem der zahlreichen Parkplätze und genießt einfach die Aussicht, oder aber man wandert auf einem der Wanderwege über die Lavafelder. Definitiv praktisch ist, dass sowohl an der Straße als auch in Goolge Maps die Lavaströme aus den einzelnen Jahren gekennzeichnet sind. Solltest Du Dich nun gefragt haben, ob es nicht riskant ist eine Straße mitten durch diesen Bereich zu bauen, so kann ich das nur mit Ja beantworten. Die Straße wurde schön öfter von der Lava überquert und teilweise zerstört. Aber wirklich gefährlich ist es nicht da Sie rechtzeitig gesperrt wird. Ganz im Gegenteil es ist hier immer ein großen Schauspiel, wenn das passiert.
Als Zweites empfehlen wir auf jeden Fall einen Besuch im Vulkanmuseum. Nicht nur, dass man noch mehr über den Ausbruch von 1977 und alle weiteren erfahren kann, das Museum ist auch sehr schön gemacht und aufgebaut.
Plage Verte - Ancient Port
Den Abschluss bildet ein kleines Highlight. Ebenfalls im Osten der Insel, bei Pointe du Tremblet, befindet sich inmitten von Lavagestein der Plage Verte. Übersetzt der grüne Strand. Der Name stammt, wie Du sicher korrekt vermutest, von der olivgrünen Farbe des Sandes. Die Farbe kommt vom sogenannten Olivin, welches unter anderem durch die Erosion von Basaltlava entsteht. Daher ist es oft an Orten zu finden, wo Lavaströme ins Wasser geflossen sind. Die schlagartige Abkühlung und die dabei wirkenden Kräfte führen dann dazu, dass sich dieser sehr feine, teilweise dunkelgrüne Olivinsand bildet. Schaut man genauer hin, handelt es sich um klitzekleine grüne Glasteilchen. Und hier an dieser Stelle ist zuletzt 2007, bei einem der größten Ausbrüche der jüngeren Geschichte, eine große Menge Lava ins Meer geflossen. Das ließ hier eine wirklich einzigartige Kulisse entstehen. Auf der einen Seite finden sich schroffe Klippen aus Lavagestein, welche meist schon wieder bewachsen sind, auf der anderen Seite der noch sehr Junge Lavastrom und dazwischen dieser kleine olivgrüne Strand. Je nach Wellengang rauschen die meterhohen Wellen Richtung Strand und brechen an den Klippen links und rechts. Wirklich beeindruckend.
Schon, wenn man den kleinen Weg vom Parkplatz hinunter Richtung Strand nimmt und zum ersten Mal hinter den Bäumen und Palmen die kleine Bucht erblickt muss man kurz innehalten, um den Anblick zu genießen. Wir haben uns auf jeden Fall genug Zeit mitgenommen, um das Ganze in Ruhe auf uns wirken zu lassen. Bei einem kleinen Picknick genießen wir zunächst den Ausblick am Strand. Danach packen wir unsere Kameras aus und versuchen die Magie dieses Ortes einzufangen. Gleichzeitig müssen wir aufpassen nicht von der ein oder anderen Welle überrascht zu werden. Ich nehme auch den noch recht „frischen“ Lavastrom von 2007 näher unter die Lupe gehe ein paar Schritte auf ihm. Jedoch nur ganz am Rande des Lavafeldes. Da das ganze Gelände noch immer sehr instabil ist und Einbruchgefahr besteht, ist es verboten auf dem enormen Lavafeld herumzulaufen oder gar eine Wanderung auf ihm zu machen. Trotzdem machen es viele. Wir verzichten darauf. Aber schon der Blick vom Rande des Lavafeldes ist ein richtiger Augenöffner. Uns fällt es auf jeden Fall schwer uns von dem tollen Ort zu verabschieden und es war definitiv eines der Highlights unserer Zeit auf La Reunion.
Ein Wermutstropfen
Wie Du siehst, sind die Küstenabschnitte auf La Réunion sehr vielfältig. Und das ist nur unsere Auswahl. Die Liste könnte man noch länger fortführen. Mit „Grand Anse“, „Pointe au Sel“, die Strände rund um Kelonia, „Plage de l‘Hermitage“ oder das „Cap la Houssaye“. Alle sehr unterschiedlich, von weißem Sand bis felsige Klippen. Auch die Küsten zeigen hier wie lebendig die Insel ist und das der Schaffensprozess hier weiter im Gange ist.
Allerdings muss ich auch noch ein Thema aufgreifen, welches uns besonders negativ in Erinnerung bleiben wird. Jede Küste, die wir besucht hatten, war mit „Baden verboten“ - oder „Achtung Haie“- Schildern versehen. Nur kleine, abgesperrte und überwachte Bereiche sind freigegeben.
Ich will nicht zu viel ausholen und nur kurz darauf eingehen. Seit ca. 10 Jahren wird auf Reunion von einer sogenannten Hai-Krise gesprochen. Natürlich waren wir, da wir als Freiwillige für das Sharkproject arbeiten, sehr an dem Thema interessiert und wollten mehr darüber erfahren. Wir sprachen daher mit zuständigen Personen und verschiedenen Lokals. In den letzten 10 Jahren stieg die Zahl der Haibegegnungen, wobei insgesamt 14 Menschen zu Tode kamen. Meist Surfer oder Fischer. Die Gründe sind nach wie vor nicht ganz geklärt. Aber trotzdem hat sich eine sehr hitzige Debatte daraus entwickelt. Die Regierung hat drastisch reagiert und alle Strände gesperrt, was dem Tourismus sehr schadete. Und wo es um Geld geht, kennt die Menschheit meist keine Freunde. Dadurch stehen sich die Haischützer auf der einen und Haigegner auf der anderen Seite in einem fast aussichtslosen Streit gegenüber. Es herrscht ein reines Schwarz-Weiß-Denken. Und aktuell scheinen die Haigegner zu gewinnen. Haie werden gezielt getötet, auch Arten, die als gefährdet gelten. Und jede Nachricht einer Haisichtung wird von den Medien gnadenlos ausgeschlachtet, um weitere Angst zu schüren. Dabei muss man wissen, dass die Gewässer und die Unterwasserwelt vor La Reunion großteils zerstört ist. Gesunde Riffe sind kaum noch vorhanden und alle Taucher, die wir trafen, haben uns berichtet, dass sie entweder noch nie, oder nur extrem selten Haie beim Tauchen gesehen haben. Seitens der Haigegner wurde unter anderem das Wasserschutzgebiet als Schuldiger für die Krise ausgemacht. Daher wird auch dieses nun weniger geschützt und es wird vermehrt dort gefischt. Geht man der Sache noch weiter auf den Grund erkennt man auch schnell, dass es starke wirtschaftliche und politische Interessen seitens der Haigegner gibt und es wird kaum etwas unversucht gelassen. So kann es auch schon mal vorkommen, dass Haischützer, Experten oder Biologen eingeschüchtert werden. Auch uns wurde von vielen Seiten geraten nicht zu offensiv mit unserem Engagement für Haie umzugehen. Die Situation ist hier also sehr angespannt, aber aus unserer Erfahrung stellt La Reunion nur ein Spiegelbild der Situation weltweit dar.
Weiterhin hat der Hai ein sehr schlechtes Image und viel zu wenige, vor allem auch einflussreiche Unterstützer. Das gepaart mit der Tatsache, dass die Menschheit aus Gier das Meer ausbeutet, sei es durch Fischerei oder die Freizeitindustrie, führt zu einem katastrophalen Rückgang der Haie im Ozean. Der Hai ist eine Schlüsselspezies des Ökosystems Ozean und sein Verschwinden könnte zum Kollaps dessen führen. Und wenn man weiß, dass fast 1 Milliarde Menschen direkt vom Meer als Nahrungsquelle oder für ihr Einkommen abhängig sind, wird einem klar was für eine Katastrophe das wäre. Ganz zu schweigen davon, dass das Meer den Sauerstoff für jeden zweiten Atemzug liefert. Um zu verdeutlichen, wie schlimm es aktuell um die Haie weltweit steht, will ich Dir abschließend ein paar Zahlen nennen. Jährlich sterben schätzungsweise ca. 100.000.000 Haie durch Menschenhand. Dem gegenüber stehen 10 Menschen die jährlich durch Haie zu Tode kommen. Zum Vergleich, es sterben jährlich ca. 25.000 Menschen durch Hunde. Und der ist offiziell ja der beste Freund des Menschen.
Noch weiter auf das Thema einzugehen würde den Rahmen hier sprengen. Aber vielleicht bringen Dich die wenigen Zeilen etwas zum Nachdenken. Und solltest Du weitere Fragen dazu haben kannst Du uns gerne kontaktieren. Und solltest Du das Bedürfnis verspüren diese wunderbaren und wichtigen Tiere zu unterstützen gebe ich Dir hier ein paar Anlaufstellen:
https://www.stop-finning-eu.org/de/
https://stopfundingoverfishing.com
Obwohl der letzte Absatz doch sehr negativ, aber auch realistisch war, haben wir hier trotzdem einige sehr positive Erfahrungen und Begegnungen gehabt. Viele Menschen setzen sich für die Natur über und unter Wasser ein und wollen auch die Haie besser schützen. Das hat uns gezeigt dass es noch Hoffnung gibt und unser Optimismus berechtigt ist.
One World - One Ocean