Saba wir kommen - Nur noch 13650 km
Geplant ungeplant
Es ist nun schon einige Jahre her, als wir uns entschlossen hatten eine Weile Abstand von unserem Alltag zu nehmen. Es liegen rund 1 1/2 Jahre intensive Vorbereitung und Planung für unser Sabbatical zurück. Vor ungefähr 11 Monaten hatten wir dann endlich die Flüge zu unserem Hauptziel Saba gebucht. Doch dann kam die Pandemie und der erste Lockdown in Deutschland. Ab diesem Zeitpunkt standen unsere Pläne mehr als nur auf der Kippe. Von Woche zu Woche, Monat zu Monat gab es eine Veränderung nach der anderen. Die Flüge wurden verschoben, Teilflüge wurden storniert und umgebucht, bis schließlich die komplette Verbindung storniert wurde. Zudem entschloss sich die Regierung von Saba dazu vorerst keine Einreisen mehr zuzulassen, um die Inselbewohner vor der Einschleppung des Virus zu schützen. Trotz der schwindenden Chancen während unser Auszeit für einige Monate nach Saba zu reisen, war die Entscheidung für das Sabbatical getroffen. Somit suchten wir nach alternativen Stationen für unsere Reise, wie Du vielleicht in unserem Block verfolgt hast. Nachdem die Inselregierung währenddessen die Einreisen unter bestimmten Bedingungen wieder zugelassen hatte, es allerdings zeitweise keine Flugverbindungen mehr gab, haben wir es nun endlich geschafft und sind auf Saba angekommen. Auf unserem Weg hierher gab es einige Auf und Abs und zwei ungeplante Zwischenstationen (Südtirol und La Réunion) für die wir im Nachhinein unendlich dankbar sind. In den letzten Monaten haben wir viele schöne Erfahrungen machen dürfen und tolle Bekanntschaften und Freundschaften schließen können. Wäre alles nach Plan gelaufen, würden wir dies alles missen. Und das würden wir jetzt definitiv nicht mehr wollen.
Passierschein A38 oder ein Antrag auf Erteilung eines Antragsformulars
Im Januar diesen Jahres haben wir unsere Flüge von La Réunion nach Saba gebucht. Doch mit der einfachen Buchung der Flüge ist es heute nicht mehr getan, um eine Reise zu unternehmen. Vielmehr muss man sich durch diverse Formulare und Anträge kämpfen, in der Hoffnung nichts zu übersehen und alles Termingerecht vorweisen zu können. Selbstverständlich hat jedes Land ganz eigene Vorgaben, Bestimmungen und Nachweise, die erfüllt werden müssen. Wir fühlten uns zwischendurch schon wie bei Asterix in dem Haus das Verrückte macht, oder aber wie Reinhold Mey in seinem Lied „Ein Antrag auf Erteilung eines Antragsformulars“ (Gerne beides mal Nachschlagen und dabei an uns denken). Unser Weg führte uns von La Réunion über Paris nach Sint Marten und schließlich nach Saba. Zuallererst und was alle unsere Reisestationen gemeinsam haben, benötigten wir ein negatives PCR-RT-Ergebnis. Von unserer Einreise nach La Réunion wussten wir schon, dass es, speziell für Reisende eingerichtete Testzentren auf der Insel gibt. Ein paar Tage nach unserer Ankunft hatten wir in einem der Zentren bereits einen Test durchgeführt. Dort wollten wir ebenfalls den Test für unsere Abreise durchführen. Vorgegeben ist allerdings, dass der Test ein bestimmtes Alter bei der Einreise in ein anderes Land nicht überschreiten darf. Das ist leider nicht standardisiert und so kann das von Land zu Land unterschiedlich sein. Gepaart mit unserem Plan innerhalb 32h ein Drittel des Erdumfangs zu umfliegen und dabei in 3 Landesgrenzen einzureisen die jeweils unterschiedliche Bestimmungen hatten, musste der Tag für den Test genauestens geplant werden. Neben der Tatsache dass wir den zeitlich und inhaltlich gültigen, negativen Test für die den Abflug brauchten, musste er außerdem für einen der Anträge online hochgeladen werden. Darauf komme ich später noch einmal zurück.
Den Testtag also sorgfältig ausgewählt, fuhren wir zur Teststation. Oje, was für ein Menschenauflauf. Das letzte Mal hatten wir keine 10 Minuten gewartet bis zum Nasenabstrich. Aber ohne Test kein Flug, also stellten wir uns in die Reihe und warteten in der brütenden Mittagssonne. Nach einer Weile kam ein Mitarbeiter raus, um den Wartenden mitzuteilen, dass er sich für die Wartezeit entschuldigt und sie sich beeilen würden und ihr Bestes geben würden damit noch alle dran kommen. Da wir nicht mehr am Ende der Schlange standen, waren wir guter Dinge noch an die Reihe zu kommen. Ungefähr eine Dreiviertelstunde später, wir waren schon weiter vorne kurz vor dem Eingang, kam der Mitarbeiter nochmals heraus. Die Menschenschlange war ungefähr so lang, wie zu dem Zeitpunkt, als wir uns anstellten. Der Mann sprach wieder zu den Leuten, ich (Christina) verstand natürlich kein Wort. Was ich allerdings verstand war, als er mit seinem Arm eine imaginäre Linie genau zwei Personen vor uns durch die Reihe zog. Alle hinter dieser Linie, also auch wir, könnten nicht mehr getestet werden. Ich war fassungslos. Sollte das sein Ernst sein? Unfähig etwas zu sagen, mal abgesehen davon, dass ohnehin keiner was verstanden hätte, gingen um mich herum die Diskussionen los. Und dass nach feinster, französischer Art. Es ist schon eine sehr Diskussionsfreudige, wenn nicht sogar Streitsuchende Mentalität, die ich dort beobachten konnte. Ich will gar nicht genau wissen, was sich die Menschen gegenseitig an den Kopf geworfen haben, aber was Thomas mir übersetzte, war nicht sonderlich freundlich. Thomas versuchte unterdessen mit einem Mitarbeiter des Sicherheitspersonals in Ruhe zu sprechen. Unser Problem war, dass wir den Test an diesem Tag machen mussten um alle Unterlagen und Nachweise rechtzeitig zu haben. Andernfalls wäre die Abreise nach Saba wieder einmal ins Wasser gefallen. Während also die meisten sich darauf konzentrierten sich darüber aufzuregen, dass die Mitarbeiter des Testzentrums auch irgendwann Feierabend haben, führte unsere Strategie, verständnisvoll miteinander zu sprechen und zugegeben auch ein bisschen auf die Tränendrüse zu drücken zum Erfolg. Wir wurden sogar vorgezogen. Puh, das ist nochmal gut gegangen. Unsere Ergebnisse hatten wir bereits am nächsten Morgen.
Aber wie schon angekündigt reicht der Test nicht aus. Wir haben, in Vorbereitung um nach Saba zu kommen, etliche Formulare und Anträge ausgefüllt und abgeschickt. Da ist ein ganzer Stapel Papier zusammengekommen. Ich will gar nicht auf jedes einzelne Dokument eingehen. Eines möchte ich jedoch noch erwähnen. Um nach Sint Maarten einreisen zu dürfen, mussten wir einen Antrag stellen, in dem wir auch den Nachweis eines negativen Testergebnisses geben sollten. Der Test darf natürlich ein bestimmtes Alter nicht überschreiten. Innerhalb von 12 Stunden sollte man dann ein Formular mit der Einreiseerlaubnis erhalten, welches ausgedruckt mitgeführt werden muss. Soweit so gut. Wir haben also zwei Tage vor Abreise von La Réunion den Test durchgeführt und am nächsten Morgen die Ergebnisse erhalten. Mit dem negativen Ergebnisse haben wir sofort die Anträge ausgefüllt und abgeschickt. Zu unserer Überraschung haben wir, zumindest für Thomas, nach kurzer Zeit schon die Bestätigung erhalten. Ich, meine jedoch nicht. Nach ein paar Stunden fragten wir nach, denn mein Antrag wurde schließlich nahezu zeitgleich mit Thomas Antrag gestellt. Später am Tag habe auch ich endlich eine Nachricht erhalten. Abgelehnt! Ok, jetzt erst mal Ruhe bewahren und nicht durchdrehen. Aber so kurz vor der Abreise ist das wirklich nicht einfach. Trotzdem haben wir nach den letzten Monaten einiges an Erfahrung und eine gewisse Routine mit solchen Ereignissen gewonnen. Einige E-Mails und Telefonate später, stellte sich heraus, der Antrag wurde aufgrund eines Systemfehlers falsch übermittelt und daher abgelehnt. Somit schicken wir einen neuen Antrag und damit hatte auch ich kurze Zeit später die Erlaubnis nach Sint Maarten einzureisen. Einen Tag vor Abreise war das dann das letzte Formular, welches wir ausdruckten. Endlich hatten wir alle Dokumente zusammen und ein Tag später ging es auch schon los Richtung Karibik.
Einmal vom indischen Ozean ins karibische Meer
Wir hatten wirklich eine wundervolle Zeit auf La Réunion und haben hier tolle Menschen kennengelernt und neue Freundschaften geschlossen. Vielleicht schreiben wir auch noch einen Abschlussbeitrag zu unserem 3-monatigen Aufenthalt. Entsprechend emotional war auch unser Abschied. Passenderweise hatte es an diesem Tag sehr stark geregnet. Wir wurden von unserem lieben Vermieter und Freund zum Busbahnhof nach Saint Pierre gebracht von wo aus wir ca. 2 Stunden mit dem Bus zum Flughafen nach Saint-Denis fuhren. Am Flughafen angekommen folgte der normale Flughafenablauf. Koffer wiegen und einchecken, Boardkarten drucken, Sicherheitscheck und dann am Gate warten bis zum Boarding. Bis zu unserer Ankunft sollten wir dieses Prozedere noch zweimal durchlaufen. Vor dem Start gönnten wir uns noch ein paar leckere Samosas (gefüllte und frittierte Teigtaschen). Dann ging es los. Der erste und längste Flug von dreien. Die Flugdauer bis nach Paris beträgt 11 Stunden. Da es ein Übernacht-Flug war, konnte ich einigermaßen schlafen. Ich denke, in Summe waren es ca. 4-5 Stunden. Thomas hatte wohl nicht ganz so viel schlafen können, aber auch für ihn ging es einigermaßen.
Verhältnismäßig fit sind wir dann mit 3 Stunden Zeitverschiebung in Paris bei 6 °C und Regen gelandet. Es war ungefähr 7 Uhr morgens als wir, samt Koffer und Handgepäck, endlich unseren Taxifahrer gefunden hatten. Bis zum nächsten Boarding blieben uns noch ungefähr 2 1/2 Stunden und der Verkehr in Paris ist trotz Lockdown um diese Uhrzeit recht hoch. Das machte uns doch etwas nervös, da man am Flughafen Charles de Gaulle unter Umständen sehr weite Wege zurücklegen muss. Entsprechend zügig absolvierten wir die Flughafenprozedur. Soweit das eben aktuell möglich ist. An jeder Ecke muss man eines seiner unzähligen Dokumente vorzeigen und die Wartezeiten stellen einen auf die Geduldsprobe. In unsere schnellen, hektischen Welt sind wir das nicht mehr gewöhnt. Trotz allem kamen wir pünktlich am Gate an und gingen auch schon bald nach unserer Ankunft an Board der A330. Für die nächsten 9 1/2 Stunden richteten wir uns dort ein. Bei diesem Tag-Flug war die Ausbeute an Schlaf leider nicht mehr so ergiebig. Mir kam der Flug deutlich länger vor als unser erster. Gegen 15 Uhr Ortszeit und mit weiteren 5 Stunden Zeitverschiebung setzte die Maschine am Flughafen Sint Maarten auf.
Der, für uns, letzte Flug sollte um 16:55 Uhr starten. An dem kleinen Flughafen sollte das eigentlich kein großes Problem sein. Jedoch merkt man ihm noch die Schäden des Sturms von 2017 an und durch die zusätzlichen, erforderlichen Maßnahmen wegen der Pandemie dauerte die Einreise tatsächlich etwas länger als gedacht. Erst wurde bei uns mal wieder mithilfe einer Temperaturpistole Fieber gemessen, danach kontrollierte man unsere Formulare und Testergebnisse und erst dann konnten wir uns zur Passkontrolle anstellen. Endlich an der Reihe ging es doch recht schnell. Innerhalb von 10 Minuten sind wir nach Sint Maarten eingereist und wieder ausgereist, zumindest auf dem Papier. Bis wir zum letzten Mal abheben sollten, dauerte es noch ein bisschen. Sichtlich geschafft warteten wir darauf an Board der kleinen Propellermaschine steigen zu können. Unser Ziel war, nach 6 Monaten Wartezeit, nur noch knapp 50 km Luftlinie entfernt und wir wollten eigentlich nur noch ankommen.
Mit etwas Verspätung und nach der Prüfung unserer Einreisegenehmigung nach Saba, ging es dann zu Fuß zum Flugzeug und wir betraten das letzte Flugzeug unsere langen Reise. Der Flug dauert nur gute 15 Minuten. Als wir durch das Cockpit-Fenster dann endlich die kleine Insel Saba entdeckten, wanderten unsere müden Mundwinkel fast automatisch nach oben. Nach der Landung war wieder Papierkram angesagt. Aber mit soviel Genugtuung haben wir Papierkram wohl noch nie gemacht. Anschließend bekamen wir noch ein Briefing bezüglich unserer anstehenden Quarantäne. Wir schnappten uns unsere Koffer und marschierten nach draußen wo unsere liebe Taxifahrerin, die uns auf direktem Weg zu unserer Unterkunft brachte, bereits wartete. Die Fahrt dorthin war für uns irgendwie unwirklich. Wir haben es geschafft. Wir sind endlich auf Saba. Wer hätte das noch gedacht! Wir begrüßten aus der Ferne unsere Freundin, die uns das kleine Häuschen vermietet und fielen dann auch schon bald erschöpft ins Bett.
32 Stunden, 8 Zeitzonen und 13650km
Saba hat sehr strikte Einreisebestimmungen, die z. B. eine 10-tägige Quarantäne mit abschließendem Test beinhaltet. So schaffen sie es die Insel weitestgehend Corona-Frei zu halten. Außerdem fahren momentan keine Fähren, sodass die einzige Möglichkeit auf die Insel zu gelangen über den Luftweg führt. Die seltenen Corona-Fälle, die bisher auftraten, befanden sich bereits in Quarantäne, sodass keine Ansteckung erfolgte. Durch diese Maßnahmen sind nach der Quarantäne keine weiteren Schutzvorkehrungen notwendig. Das bedeutet, nach der 10-tägigen Isolierung gibt es keine Abstandsregeln, Maskenpflicht oder sonstiges zu beachten. Nach einem Jahr Corona können wir uns das fast gar nicht mehr vorstellen.
Von Haustür zur Haustür waren wir ungefähr 32 Stunden unterwegs und durchflogen innerhalb dieser Zeit 8 Zeitzonen. Zwischen La Réunion und Saba liegt Luftlinie ungefähr ein Drittel des Erdumfangs. Schon etwas verrückt, wenn man sich das vorstellt. Außer während dem Essen und Trinken galt während der gesamten Zeit selbstverständlich die Maskenpflicht. Doch für die nächsten 3 Monate werden wir wohl keine Maske mehr brauchen. Auch wenn wir zum Zeitpunkt dieses Beitrags noch isoliert in unserem kleinen Häuschen auf das Ende unserer Quarantäne warten, sind wir unglaublich froh und können es noch gar nicht so richtig glauben, auf Saba zu sein. Und der tägliche Blick ins Grüne und auf den Mount Scenery, dem höchsten Berg der Niederlande, macht die Wartezeit auch erträglicher.
SABA - Wir sind da ...