Wandern in Südtirol - Teil 1

Christina und Ich teilen mindestens zwei Leidenschaften. Das Meer und die Berge. Daher war es naheliegend ein paar Wanderungen zu unternehmen, wenn wir schon mal in den Dolomiten sind. Ein paar ausgewählte will ich hier etwas näher bringen. Wobei die erste genau genommen keine Wanderung war, sondern der Almabtrieb. Daher nennen wir es eine „Wanderung+“. Die beiden anderen waren eine wunderschöne Tour zum Heiligkreuzkofel und der Besuch der 3 Zinnen. Ja ich hab absichtlich „Besuch“ geschrieben. Warum? Dazu komme ich noch in Teil 2

Almabtrieb

In unserem Blogbeitrag über den Arbeitseinsatz in Südtirol hatten wir ja unseren Tagesablauf geschildert. Wenn du dich erinnerst, da du ihn natürlich aufmerksam gelesen hast, startete der normale Tag um 6:45 im Stall. Nun, für den Almabtrieb ging es nochmals früher los. Kaum zu glauben, aber das geht. Die Kühe mussten ja trotzdem versorgt werden und die Abfahrt zur Alm war um 7:30 geplant. Schon die Fahrt dorthin war ein kleines Abenteuer. Über unendliche Serpentinen, immer kleiner werdenden Straßen und schließlich immer holpriger und schmaler werdenden Schotterpisten ging es hoch zur Alm. Ich habe mich immer gefragt, wer denn auf solchen Straßen überhaupt fährt. Jetzt weiß ich es. Auf der Hochebene angekommen konnten wir uns erst mal ein wenig die Beine vertreten und bekamen schon mal einen Vorgeschmack auf die Landschaft die uns erwartet. Unser Fahrer und der Bauer sind derweil schon mal zur Alm vorgefahren. Ein paar Fotos und 15 Minuten Fußmarsch später waren wir dann auch da.

Was für eine Aussicht

Dort angekommen, hat man uns direkt mal die Tür der Alm vor der Nase zu geschlagen. War ja schließlich noch geschlossen und wir hatten dann doch eher den Eindruck von Wanderern gemacht. Das hat sich aber schnell geklärt und wir gesellten uns zum Rest. Die Gruppe besteht aus mehreren Bauern, und deren Töchter und Söhne, aus zwei benachbarten Dörfern, welche ihre Kühe gemeinsam auf einer Alm haben. Einen Almabtrieb haben wir beide noch nie mitgemacht, daher war ich schon sehr gespannt da es ja schon eine sehr traditionelle Angelegenheit ist. Während eines kleinen Umtrunks mit Brotzeit gab es dann eine kleine Ansprache und es wurden zwei sehr schön geschmückte Kuhglocken verliehen. Normalerweise würde uns am Ende des Abtriebs unten im Tal ein Fest erwarten. Aber wie so viele Dinge fiel auch dieses Corona zum Opfer. Aber keiner lässt sich die gute Laune verderben. Im Gegenteil. Dann gehts los. Die Kühe werden zusammengetrieben und wie an einer Perlenschnur aneinandergereiht machen wir uns auf den Weg. Ich muss ja sagen, dass ich doch schon relativ viel in den Bergen war, aber die Dolomiten sind schon sehr speziell. Diese Felsformationen sind einfach beeindruckend und egal wo man hinsieht, bleibt einem kaum mehr als zu Staunen. Dazu kommt, dass an diesem Tag auch das Wetter ausgezeichnet ist. Ich muss aufpassen vor lauter Fotografieren nicht den Anschluss zu verlieren. Außerdem haben wir auch noch eine Aufgabe. Kühe antreiben.

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Was für ein Panorama.

Wie soll man da seine Kamera stecken lassen?

Es geht los

Der erste Teil gestaltet sich relativ einfach. Schließlich gibt es nach ein paar Metern nur noch einen Weg aus den Bergen Richtung Tal. Die Kühe können also nicht allzu weit. So haben wir währenddessen Zeit um die Landschaft zu bestaunen und das ein oder andere schöne Gespräch mit einem der anderen Bauern zu führen. Wir fühlen uns sehr gut aufgenommen in der Gruppe. Hier und da schaue ich mir den ein oder anderen Handgriff des Almabtreibens bei den andern ab. Wer weiß wozu man das noch brauchen kann. Wir werden es noch herausfinden. Die Hochebene wird langsam schmaler und der Weg steiler. Jetzt zeigt sich erst wie geländegängig die Kühe sind. Ich staune nicht selten, wenn diese wieder und wieder auch die unwegsamsten und steilsten Stellen überwinden. So geht es dann 2 Stunden bis zum Fuße des Bergmassivs wo wir und auch die Kühe eine kleine Rast machen. Von hier aus machen wir uns auf den zweiten Abschnitt der Tour. Sobald alle Kühe wieder zusammengetrieben sind, verlassen wir den Platz am Fuße des Berges. Die schmalen Wanderwege tauschen wir vorerst gegen Straßen.

Damit beginnt nun auch die richtige Arbeit. Schließlich will bzw. sollte man ja die Kühe nicht wild auf der Straße herumlaufen lassen. Überrascht wurde ich von den anderen Verkehrsteilnehmern die doch sehr viel mehr Rücksicht nahmen als gedacht. Einige sind auch einfach nur rechts ran gefahren und haben sich das Spektakel angeschaut. War es nun Zufall oder unsere soziale Ader, aber Christina und ich fanden uns sehr bald am Ende der Gruppe, bei den noch etwas kleineren und langsameren Kühen wieder. Zusammen mit ein paar anderen tapferen Mitstreitern versuchten wir so weit es ging die Kühe davon zu überzeugen etwas schneller zu gehen und den Anschluss an die anderen wieder herzustellen. Mit nur mäßigem Erfolg. Auch ein zurückgeeilter, etwas erfahrener Jungbauer hatte nicht viel mehr Glück. War es nun die Anstrengung oder einfach keine Lust, die Kühe wollten oder konnten nicht schneller. Ganz verübeln konnte ich es ihnen nicht. Machten Sie doch den Weg zum ersten Mal und wir waren auch schon mehrere Stunden unterwegs. So trotteten wir mit überschaubaren Tempo weiter. Über ein paar größere Kreuzungen, und kleinere Nebenstraßen erreichten wir dann einen Weg entlang eines Baches. Der Beginn der letzten, wenn auch noch recht langen Etappe. Weg vom Verkehr der größeren Straßen wurde es auch wieder entspannter. Lediglich die ein oder andere Wiese, an der wir vorbeigingen, brachte etwas Aufregung. Bei jedem noch so kleinen saftigen Grün machten die Kühe halt um zu Fressen. Ganz so als ob es nie wieder etwas geben würde.

Ende in Sicht

Irgendwann hatten wir es dann doch geschafft und den Rest des Zuges eingeholt. Allerdings nur, weil diese gewartet hatten. Trotzdem würde ich rückblickend sagen wir haben unserer Feuertaufe bestanden. Wir haben uns weder verlaufen, noch eine der Kühe verloren. Von hier an marschierten wir dann wieder gemeinsam weiter. Dabei blieb es dann auch. Und mit der Gemeinschaft der anderen Kühe schienen auch die Jungkühe etwas motivierter zu sein und hielten Schritt. Die restlichen Kilometer gestalteten sich eigentlich recht entspannt. Nur ab und an sorgte die ein oder andere Weide für Betrieb. Die Bauern staunten zum Beispiel nicht schlecht als vor lauter Übermut eine der Kühe in einer eingezäunten Weide mitten unter fremden Kühen stand. Die da wieder raus zu bekommen war von außen betrachtet doch recht amüsant. Es war auch beruhigend zu sehen, dass nicht nur wir Mühe hatten. Wir folgten dem Bach noch etliche Kilometer weiter, bis wir schließlich nach 6 - 7 Stunden im Dorf ankamen. Sichtlich erleichtert durften die Kühe dort dann auf eine große Wiese direkt unter dem Skilift. Auf dieser blieben diese dann ein paar Tage bis sie auf die jeweiligen Bauernhöfe gebracht wurden. Auch ich war recht froh als wir ankamen. Zum einen haben sich auf den letzten Kilometer die Füße bemerkbar gemacht, zum anderen haben wir alle Kühe wohlbehalten ins Tal gebracht. Wir haben also unseren ersten Almabtrieb erfolgreich hinter uns gebracht. Sichtlich erschöpft aber auch zu Frieden gingen wir dann zurück zum Hof. Dort angekommen ging es ab unter die Dusche und ins Bett zum wohlverdienten Schlaf.

Tja das hätten wir wohl gemacht, wenn wir nicht auf dem Bauernhof gearbeitet hätten. Aber nicht an diesem Tag. Schließlich warteten die anderen Kühe ja schon auf die allabendliche Routine. Fressen, Kacken, Melken. Nach kurzer Pause ging ich also in den Stall um dem Bauern und seiner Tochter zu helfen. Christina lag zu diesem Zeitpunkt mit Kopfschmerzen im Bett. Da haben die Anstrengungen des Tages auch ihre Spuren hinterlassen. Aber auch sie sollte noch, aufgrund besonderer Ereignisse, in den Stall kommen. Denn wir ahnten zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass ich noch Geburtshelfer bei einer der Kühe sein würde. Aber auch das haben wir gemeistert und der kleine Stier kam wohlbehalten zur Welt.

Was für ein Abschluss für einen wirklich tollen Tag! Ich für meinen Teil war an diesem Abend jedenfalls froh ins Bett zu kommen. Meine Beine brauchten jede Minute Erholung bevor es am nächsten Morgen wieder in den Stall ging. Die Erlebnisse des Tages waren allerdings jede Anstrengung wert.

Teil 2 kommt bald...

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